28.08.2023

Deutscher Energierechtstag 2023 in Essen

„Vom Reden ins Machen kommen“ – das war der Tenor des Deutschen Energierechtstags (DET) in Essen, der am 24. August 2023 über 450 Teilnehmer aus der Energiewirtschaft zusammenführte, um die drängenden Themen unserer Zeit zu diskutieren.

Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Auf Einladung von Georg Sommer, Geschäftsführer der DET GmbH und der auf Energierecht spezialisierten Rechtsanwälte der Essener Kanzlei Rosin Büdenbender trafen sich zum 22. Mal Vertreter aus Politik und Wirtschaft mit Energierechtlern aus ganz Deutschland. Dazu gehörten Gesprächsrunden mit Stefan Wenzel (Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz), Kerstin Andreae (Hauptgeschäftsführerin des BDEW), Jens Spahn MdB und Dr. Markus Krebber (Vorstandsvorsitzender der RWE AG) sowie Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt und die Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, Barbie Kornelia Haller. Es diskutierten außerdem in größerer Runde Dr. Hans-Jürgen Brick, Vorsitzender der Geschäftsführung von Amprion, Dr. Thomas Gößmann, Vorsitzender der Geschäftsführung von Thyssengas, Dr. Christoph Müller, Vorsitzender der Geschäftsführung von Netze BW und Dr. Christoph Witte, CEO von Marquard & Bahls mit Jens Geier, Mitglied des Europäischen Parlaments, und Stefan Wenzel vom BMWK. Moderator der Konferenz war wieder Volker Heck, Senior Partner bei H/Advisors Deekeling Arndt.

Dr. Markus Krebber, Thomas Kufen
und Jens Spahn im Gespräch

„Eine realistische und zukunftsorientierte Energiedebatte in Deutschland ist richtig und wichtig“. Mit diesen Worten hatte Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen am Morgen den Energierechtstag eröffnet. „Dass diese im Rahmen des Deutschen Energierechtstags wieder in Essen geführt wird, ist nur folgerichtig. Denn Essen ist unbestreitbar ein wichtiges Zentrum der Energiewirtschaft in Europa. Mit Global Playern wie RWE AG, E.ON SE und Evonik AG ist unsere Stadt ein entscheidender Akteur auf dem Energiesektor. Die Wasserstoffzukunft wird in Essen vorangebracht, mit dem H2UB konnte beispielsweise der europaweit bedeutendste H2-Inkubator angesiedelt werden.“

Das Vertrauen in Essen als Standort sei „bezeichnend für die Bedeutung und den Einfluss, den unsere Stadt in der Energiewelt hat. Deshalb danke ich den Organisatoren dieses Energierechtstages für die Ausrichtung und den guten Austausch,“ sagte Kufen. 

Georg Sommer, Geschäftsführer der DET GmbH

Ein weiterer Tenor der Konferenz und Gegenstand der zahlreichen Diskussionsrunden war die Frage, welches Maß an Regulierung der Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Energiewirtschaft verträgt und wieviel Markt möglich und erforderlich ist. Das gilt nicht nur für den Hochlauf von Wasserstoff, sondern gleichermaßen für den weiter erforderlichen Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Gestaltung der Wärmewende.

Dr. Markus Krebber, CEO der RWE AG, betonte: „Wir brauchen nicht immer neue politische Debatten, etwa über das Marktdesign. Die Politik sollte sich auf verlässliche Rahmenbedingungen konzentrieren, die einen schnellen Ausbau von Erneuerbaren Energien und wasserstofffähigen Gaskraftwerken ermöglichen.“ Kerstin Andreae vom BDEW ergänzte: „Um die ambitionierten gesetzlichen Ausbauziele von 115 Gigawatt (GW) Windenergie an Land im Jahr 2030 zu erreichen, müssen die Realisierungszeiten insgesamt wieder deutlich verkürzt werden. Die Bundesregierung hat hierfür bereits zahlreiche Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht. Diese müssen auch von den Genehmigungsbehörden umgesetzt werden können. Und wir brauchen eine Gelingenshaltung bis in jede Amtsstube. Der Grundgedanke sollte sein, Projekte zu realisieren und den Ausbau der Erneuerbaren voranzubringen.“

Weichenstellungen für eine notwendige Beschleunigung in der Klima- und Wirtschaftspolitik: Moderator Volker Heck,
Dr. Markus Krebber, Jens Spahn, Kerstin Andreae und Stefan Wenzel

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, führte aus: „Ich hoffe, dass mittelbar das Zutrauen in Marktprozesse und Wettbewerbskräfte wieder wächst statt die notwendigen Kriseninstrumente zu verstetigen, zunehmend kleinteiliger zu regulieren und die Rolle des Staates als Energie-Unternehmer auszubauen. Marktprozesse und die angestrebte Transformation sind keine Gegensätze.“

Bundeskartellamtspräsident Mundt
BNetzA-Vizepräsidentin Haller

Einen Überblick über das Energierecht des Jahres 2023 boten Christina Will, Geschäftsführerin bei Rosin Büdenbender und Prof. Dr. Christian Pielow von der Ruhr-Universität Bochum, der außerdem Of Counsel bei Rosin Büdenbender ist. „Der regulatorische Rahmen für die Energiewirtschaft unterliegt auch weiterhin einem dynamischen Wandel, der den Unternehmen einen großen Einsatz und eine permanente Nachjustierung der Prozesse in allen Bereichen abverlangt“, so Will.  Die „EU-Notfallverordnung“ habe signifikante Auswirkungen auf das deutsche Anlagenplanungsrecht, führte Pielow aus. Der Vorrang für Erneuerbare Energien, aber auch für Elektrizitätsnetzanlagen aus Gründen des „überwiegenden öffentlichen Interesses“ gestatte erstmals Ausnahmen von den Vorgaben des EU-Flächen-, Artenschutz- und Wasserrechts. „Insofern besteht hohes Potenzial für die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Energieanlagen.“

Ein ergänzendes, neues Diskussionsformat gestalteten die Chefjuristen verschiedener Unternehmen und Verbände der Energiewirtschaft, die mit Jana Michaelis LL.M und Dr. Kristin Spiekermann, beide Geschäftsführerinnen der Kanzlei Rosin Büdenbender, intensiv über ihre Herausforderungen und Arbeitsweisen angesichts von Regelungsflut und Fachkräftemangel diskutierten. Künstliche Intelligenz und die weitere Digitalisierung stellen Unternehmen in allen Branchen vor Herausforderungen, können mittel- bis langfristig aber auch in Rechtsabteilungen sinnvoll eingesetzt werden, um vor allem Standardprozesse zu erleichtern.  

Gelegenheit zur Vertiefung der energiewirtschaftlichen Themen und Energierechts-Gebiete ermöglichten vier Workshops, wie es schon lange Tradition beim DET ist: 

Prof. Dr. Jochen Mohr
und Dr. Christoph Müller

Der Workshop Regulierung wurde moderiert von Dr. Kristin Spiekermann und Wiegand Laubenstein von Rosin Büdenbender. Sie widmeten sich gemeinsam mit den Teilnehmern des Workshops den aktuellen regulatorischen Themen: Anne-Christin Frister (Vorsitzende Richterin des 3. Kartellsenats des OLG Düsseldorf), Prof. Dr. Jochen Mohr (Universität Leipzig, enreg Berlin), Karsten Bourwieg (Vorsitzender Beschlusskammer 8 der Bundesnetzagentur), Thomas Burmeister (Partner, White & Case), Dr. Christoph Müller (Vorsitzender der Geschäftsführung, Netze BW) und Gregor Seidewinkel (Bereichsleiter Recht, Regulierung und Kommunikation bei Thyssengas). Das derzeit viel diskutierte Thema der Höhe des Eigenkapitalzinssatzes für Netzbetreiber stand hierbei im Fokus. Es wurde einmal mehr deutlich, dass – wie der Chef von Netze BW betonte – eine sachliche Debatte hierüber erforderlich ist. Angesichts des Netzausbaubedarfs ist eine angemessene Eigenkapitalverzinsung unerlässlich. 

PSt Stefan Wenzel, Ralph Kremp, Nicole Pillen und Heinz-Werner Hölscher diskutieren im Workshop zur Wärmewende

Der Workshop zur Wärmewende unter Leitung von Jana Michaelis (Rosin Büdenbender), und Ralph Kremp, Partner des Büros für Energiewirtschaft und technische Planung BET, mit Stefan Wenzel vom BMWK, Andreas Gutschek (Technischer Vorstand, Stadtwerke Duisburg), Heinz-Werner Hölscher (Mitglied des Vorstands der badenova), Sabine Jeschke (Leiterin Unternehmenskommunikation & Marketing der LEG Immobilien Gruppe) und Nicole Pillen (Bereichsleiterin Urbane Energiewende, dena) stand ganz im Lichte des kürzlich vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurfs zum Wärmeplanungsgesetz. Es wurde deutlich, dass die Transformation des Wärmesektors nur gelingen kann, wenn alle Akteure, von den Kommunen über die Energie- und Wärmeversorger bis hin zur Wohnungswirtschaft in einen engen Dialog kommen und eine weitgehende Verzahnung aller Instrumente in eine für die umsetzenden Akteure notwendige Planungs- und Investitionssicherheit mündet.

Der Workshop zum Planungsrecht und Netzausbau, moderiert von Prof. Dr. Herbert Posser, Partner bei PSWP, fokussierte sich auf die EU-Notfallverordnung zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, deren Umsetzung in Deutschland und die Möglichkeiten der zukünftigen Verstetigung der Beschleunigungsregelungen. Die Diskussion zeigte, dass die Umsetzung der europarechtlichen Regelungen je nach Art der Erneuerbaren Energie mit Blick auf die Beschleunigungswirkung der Verfahren unterschiedlich zu bewerten ist. Positiv hervorgehoben wurde, dass die EU-Notfallverordnung einen ersten Durchbruch dahingehend darstellt, nicht nur verfahrensrechtlich, sondern auch auf materiell-rechtlicher Ebene (u.a. Artenschutz) den Erneuerbaren Energien zu einem beschleunigten Ausbau zu verhelfen.

Moderator Prof. Dr. Herbert Posser (PSWP), Benjamin Majert (Open Grid Europe), Guido Hermeier (Amprion), Dr. Lukas Ernst (UNIPER, nicht im Bild), Stefanie Alexander (RWE Renewables), Tobias Kuntz (EnBW), Friederike Beck-Broichsitter (Rosin Büdenbender), Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof (Heinrich-Heine Universität Düsseldorf und Düsseldorfer Institut für Energierecht)

Wasserstoff als Thema hatte der Workshop unter Leitung von Dr. Michael Neupert (KÜMMERLEIN Rechtsanwälte & Notare). Zusammen mit Dr. Arne Dammer (Leiter Strategie/Innovation, Thyssengas, Christian von Halen (Senior Legal Counsel, thyssenkrupp Steel Europe, Dr. Oliver M. Busch (Vice President Defossilation, Evonik) und Markus F. Schmidt (Chief Development Officer ENERVIE – Südwestfalen Energie und Wasser) wurde unter anderem über den Hochlauf des Wasserstoffnetzes und dessen Finanzierbarkeit diskutiert. Es wurde deutlich, dass es allen derzeit involvierten Akteuren vor allem wichtig ist, dass – unabhängig von der konkreten Regelung – sehr schnell ein konkreter Rahmen für den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur geschaffen wird. Nur so könne zuverlässig für die Zukunft geplant und ein Wasserstoffnetz aufgebaut werden, so dass auch die Industrie, als Endabnehmer, bei ihren jetzigen Investitionsentscheidungen mit einem Wasserstoffnetz planen können.

PSt Stefan Wenzel und Jens Geier MdEP

Dass der Wille und der Druck, die Energiewende mit zu gestalten, bei den Unternehmen der Energiewirtschaft groß ist, sie aber zugleich berechtigte Erwartungen an die Politik haben, zeigte sich auch in der abschließenden politischen Diskussionsrunde, moderiert von Dr. Katja Gelinsky von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die CEOs von Amprion, Thyssengas, Netze BW und Marquard & Bahls diskutierten mit Jens Geier, Mitglied des Europäischen Parlaments, und Stefan Wenzel vom BMWK die für die Planungssicherheit und Investitionsbereitschaft der Energiebranche zentralen Themen, wie die Industriestrompreise, die Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur und die notwendigen Rahmenbedingungen für Netzbetreiber, dem ‚third party access‘ beim Thema Infrastruktur für wasserstoff-bereite Anlagen, dem Green Deal und dem „Fit for 55“-Programm der Europäischen Kommission. Einigkeit herrschte vor allem in dem Willen, die Energiewende voranzutreiben: weg von der Konzeptionierung hin zur „Umsetzungsorientierung“, so Müller von Netze BW.

Dr. Thomas Gößmann (Thyssengas) und
Dr. Christoph Witte (Marquard & Bahls)
Dr. Hans-Jürgen Brick (Amprion)

Während des Energierechtstags führte die südkoreanische Firma Hylium Industries Demonstrationsflüge einer wasserstoffbetriebenen Drohne durch, die über einem 15m2 großen Areal im Grugapark flog. 

Mit wasserstoffbetriebener Drohne: Friederike Beck-Broichsitter (Rechtsanwältin Rosin Büdenbender), Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen, Andre Boschem (Geschäftsführer der EWG), Jana Michaelis (Gesellschafterin Rosin Büdenbender),
Dr. Seo-Young Kim (CEO Hylium Industries) und Georg Sommer (Geschäftsführer der DET GmbH)

Fotos von Christine Sommerfeldt

Wir freuen uns, Sie im nächsten Jahr erneut begrüßen zu dürfen!

Das Energierechtsteam von Rosin Büdenbender und die DET GmbH

EWG Programm des DET 2023 Folien des Deutschen Energierechtstags