22. November 2021

Änderungen der Strom- und GasGVV zur Anpassung an unionsrechtliche Vorgaben

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit informieren wir Sie über die anstehenden Änderungen der Strom- („StromGVV“) und Gasgrundversorgungsverordnung („GasGVV“). Der Bundesrat hat den Änderungen am 5. November 2021 (BR-Drs. 724/21 (B)) zugestimmt, sodass diese zeitnah in Kraft treten werden. Mit der Änderung werden insbesondere die Anforderungen von Art. 28 der Richtlinie (EU) 2019/944 („Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie“) umgesetzt, der geeignete Maßnahmen zum Schutz der Kunden fordert. Zudem werden die Verordnungen an das novellierte Energiewirtschaftsgesetz angepasst, soweit dieses Strom- und Gasgrundversorgungsverträge erfasst.

Viele Änderungen sind redaktioneller Natur oder betreffen Detailfragen. Nachfolgend soll auf einige Anpassungen detailliert eingegangen werden:

Gemäß § 1 Abs. 1 S. 4 StromGVV/GasGVV n.F. kann der Kunde verlangen, dass der Grundversorger mit ihm einen Grundversorgungsvertrag schließt, der unabhängig vom Messstellenvertrag ist. Sofern bereits ein integrierter Vertrag besteht, kann der Kunde die Trennung des Vertrages in einen Grundversorgungs- und einen Messstellenvertrag verlangen.

Künftig müssen gemäß § 11 StromGVV/GasGVV n.F. Ablesewerte als Grundlage für die Ermittlung des Energieverbrauches genutzt werden. Werden durch den Versorger weiterhin Schätzwerte genutzt, treffen ihn umfassende Begründungspflichten. Hierdurch soll es dem Kunden ermöglicht werden, die Ermittlung des Energieverbrauches nachzuvollziehen. Der Gesetzgeber erstrebt hierdurch eine Anpassung an § 40a EnWG.

Besonders signifikant sind die Änderungen von § 19 StromGVV/GasGVV n.F., der Regelungen zur Versorgungsunterbrechung in Grundversorgungskonstellationen enthält. Versorgungsunterbrechungen müssen stets verhältnismäßig sein. Der Gesetzgeber sieht die Verhältnismäßigkeit gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 StromGVV/GasGVV n.F. insbesondere dann nicht gewahrt, wenn infolge der Unterbrechung eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben der dadurch Betroffenen zu besorgen ist. Bereits der Wortlaut macht deutlich, dass es sich nicht um eine abschließende Auflistung handelt und stets eine einzelfallabhängige Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den Grundversorger erfolgen muss. Der Kunde kann selbst Gründe vortragen, die über die Unverhältnismäßigkeit der Versorgungsunterbrechung sprechen. Über diese Möglichkeit muss der Kunde gemäß § 19 Abs. 2 S. 4 StromGVV/GasGVV in Textform informiert werden.

An die Versorgungsunterbrechung aufgrund eines Zahlungsverzuges werden gemäß § 19 Abs. 2 S. 6 StromGVV/GasGVV n.F. strenge Anforderungen gestellt. Ein einfacher Zahlungsverzug reicht nicht aus. Vielmehr müssen im Einzelfall berechnete Mindestwerte für die Höhe ausstehender Zahlungen überschritten werden.

Gemäß § 19 Abs. 3 StromGVV/GasGVV n.F. wird der Grundversorger dazu verpflichtet, den Kunden umfassend in Textform über die Möglichkeiten zur Vermeidung von Versorgungsunterbrechungen zu informieren, die nicht zu Mehrkosten führen. Hierzu zählen insbesondere Unterstützungs- und Informationsangebote, die dazu beitragen sollen, dass die Zahl der Versorgungsunterbrechungen insgesamt verringert wird.

Der Grundversorger wird zudem dazu verpflichtet, dem Kunden spätestens mit Ankündigung der Versorgungsunterbrechung ein Angebot zur Abwendung einer Versorgungsunterbrechung zu unterbreiten. Dieses muss mindestens die Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 StromGVV/GasGVV erfüllen. Hierzu gehören die Vereinbarung einer zinsfreien Ratenzahlungsvereinbarung für Zahlungsrückstände und eine Weiterversorgung auf Vorauszahlungsbasis. Ein Muster der Abwendungsvereinbarung muss der Grundversorger gemäß § 23 StromGVV/GasGVV spätestens zum 1. Januar 2022 auf seiner Website veröffentlichen. Eine Annahme des Angebotes der Abwendungsvereinbarung kann bis zum Beginn der Versorgungsunterbrechung erfolgen.

Sofern eine Versorgungsunterbrechung erfolgt, ist der Kunde gemäß § 20 Abs. 6 StromGVV/GasGVV in Textform über deren Grund und die hierdurch entstehenden Kosten zu informieren.

Abweichend von den Regelungen des allgemeinen Schuldrechts ist die Kündigung des Kunden gemäß § 20 StromGVV/GasGVV erst dann wirksam, wenn sie vom Grundversorger bestätigt wurde. Damit wird vom Regelfall abgewichen, nachdem es sich bei der Kündigung um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung handelt.

Die Entschließung des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, sodass mit einer baldigen Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt und dem zeitgleichen Inkrafttreten zu rechnen ist.

Für Rückfragen stehen Ihnen Dr. Peter Rosin und Christina Will gerne zur Verfügung. Telefonisch erreichen Sie uns unter der Telefonnummer: 0201 102281 – 0