Kipppunkte der Energiewende

Drittens: Transformation des Wärmesektors

24. September 2024

Kontext

Eine zukunftsgerichtete Wärmeplanung ist für das Gelingen der Energiewende vor allem deshalb besonders wichtig, da noch immer die überwiegende Zahl der Gebäude in Deutschland mit fossilen Brennstoffen beheizt wird. Die angestrebte künftige Klimaneutralität setzt nicht nur erhebliche Investitionen in Ausbau und Wachstum der Fernwärmenetze und Transformation bzw. Dekarbonisierung der bestehenden Wärmeerzeugung voraus, sondern auch eine langfristige Planung, die u. a. durch das Anfang des Jahres in Kraft getretene Wärmeplanungsgesetz (WPG) geregelt wird. Die Akteure der Energiewirtschaft blicken aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Situation: Sind die aktuellen Förderprogramme Anreiz genug für die so wichtigen Investitionen? Ist eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen EVU und Kommunen hinreichend geregelt? Braucht es weitere Instrumente, um die Entwicklung zu optimieren? Kann die Transformation mit für Verbraucher auskömmlichen Preisen realisiert werden? Fragen wie diese wurden auf dem Deutschen Energierechtstag 2024 diskutiert.

Diskussions­teilnehmer

  • Dr. Constantin Alsheimer, Vorstandsvorsitzender, Thüga AG
  • Birgit Lichtenstein, kaufmännische Vorständin, RheinEnergie
  • Anna Jasper-Martens, Geschäftsführerin, E.ON Infrastructure Solutions
  • Jochen Sander, Geschäftsführer, Essener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft

Moderation:

  • Ralph Kremp, Partner, BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH
  • Christina Will, Geschäftsführende Gesellschafterin, Rosin Büdenbender

Zusammen­­fassung

Eingangs gab Ralph Kremp einen Überblick, wie weit die Transformation des Wärmesektors aus seiner Sicht vorangekommen ist: ein anzustrebendes Ziel wäre eine funktionierende Balance zwischen transformierten Wärmenetzen, Realisierung der energiepolitischen Zielsetzungen, einer gesicherten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für die Versorger und aufgeklärten Verbrauchern.

Zusammen mit Ko-Moderatorin Christina Will leiteten sie über zu Dr. Constantin Alsheimer, der in der Finanzierung der Wärmewende eine immense Herausforderung sieht. Das grösste Problem der Transformation sei, dass die Refinanzierung von neuen Fernwärmearealen häufig erst nach zehn Jahren beginne – Zeiträume, die aus Finanzierungssicht schwer darstellbar seien. Anna Jasper Martens grifft das Thema auf und sagte, dass der fehlende Bezug auf die Refinanzierung eine Hürde für Investitionen sei. Auch sei es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, welche Auswirkungen einzelne Regulierungsansätze für einen Business-Case haben könnten. Diese könne man aber heute nicht mit der notwendigen Sicherheit absehen. Selbst wenn man den Förderrahmen in die Investitionsplanung einbeziehe, sei nicht sicher, ob man alles finanziert bekomme. Birgit Lichtenstein sagte, ihr kämen in der Diskussion das Thema Kunden und tragfähige Preise zu kurz. Kunden, die im Moment eine funktionsfähige Wärmelösung hätten, sähen keine Notwendigkeit, sich auf eine teurere Versorgungslösung einzulassen. Hier gelte es, diese Menschen von der Notwendigkeit der Energiewende zu überzeugen und Verständnis für System- und Transformationskosten zu schaffen. Jochen Sander sagte, dass die Dimension der Transformation völlig unterschätzt werde – nicht nur in Bezug auf Kosten, sondern vor allem auch auf die Genehmigungssituation und die umfasse auch personelle Ressourcen und Tiefbaukapazitäten. Alle Diskussionsteilnehmer waren sich einig in ihrem Wunsch an den Gesetzgeber nach Sicherheit in Bezug auf den Ordnungsrahmen, die über eine Legislaturperiode hinausgeht, gleichzeitig aber kein „Mikromanagement“ darstellen dürfe.

Fazit

„Der Wärmemarkt hat noch keine komplette Wende vollzogen. Das koordinierte Vorgehen der einzelnen Akteure, die Sicherstellung der Transformation und die Preisgestaltung für Verbraucher sollten künftig Priorität haben.“ (Ralph Kremp und Christina Will)