Keine Feststellung von Marktmissbrauch bei Preisspitzen im Stromgroßhandel im November und Dezember 2024

Am 21. Oktober 2025 haben Bundeskartellamt (BKartA) und Bundesnetzagentur (BNetzA) die Ergebnisse ihrer jeweiligen Untersuchungen zu den Strompreisspitzen während der Dunkelflauten 2024 veröffentlicht. Vorweg: Es konnten keine Hinweise auf missbräuchliche Verhaltensweisen festgestellt werden.

22. Oktober 2025

Am 21. Oktober 2025 haben Bundeskartellamt (BKartA) und Bundesnetzagentur (BNetzA) die Ergebnisse ihrer jeweiligen Untersuchungen zu den Strompreisspitzen während der Dunkelflauten 2024 veröffentlicht. Vorweg: Es konnten keine Hinweise auf missbräuchliche Verhaltensweisen festgestellt werden.

Im November und Dezember 2024 kam es an insgesamt fünf Tagen zu außergewöhnlich hohen Preisen im kurzfristigen Stromgroßhandel. In einzelnen Stunden stiegen die Preise auf bis zu 936 €/MWh. Auslöser waren insbesondere eine ausgeprägte Dunkelflaute mit sehr geringer Einspeisung aus Wind- und Solaranlagen, eine hohe Stromnachfrage sowie der verstärkte Einsatz kostenintensiver konventioneller Kraftwerke. Vor diesem Hintergrund wurde öffentlich die Frage nach möglichem Marktmissbrauch und einer gefährdeten Versorgungssicherheit aufgeworfen.

Das Bundeskartellamt und die Bundesnetzagentur haben im Nachgang zu den Ereignissen Verfahren gegen einige Kraftwerksbetreiber eingeleitet und die Abläufe untersucht. Beide Behörden kommen zu dem klaren Ergebnis, dass kein missbräuchliches Verhalten von Marktteilnehmern festgestellt werden konnte.

Der Schwerpunkt der Prüfung des Bundeskartellamts lag dabei auf der Frage, ob marktbeherrschende Stromerzeuger verfügbare Kapazitäten bewusst zurückgehalten haben, um Preise künstlich zu erhöhen. Die Auswertung von Kraftwerkseinsatzdaten zeigte jedoch, dass nahezu sämtliche als verfügbar gemeldeten Kraftwerkskapazitäten tatsächlich eingesetzt wurden. Die wenigen nicht betriebenen Anlagen entfielen überwiegend auf hochflexible und besonders kostenintensive Kraftwerke oder Speicher, deren Einsatz sich typischerweise eher am (in den betroffenen Tagen niedriger bepreisten) Intraday-Markt orientiert. Hinweise auf vorgeschobene Nichtverfügbarkeiten oder strategische Kapazitätszurückhaltungen lagen nicht vor. Damit sah das Bundeskartellamt keinen Verstoß durch Kapazitätszurückhaltung gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot i. S. d. § 19 GWB.

Auch die Bundesnetzagentur fand keine Anhaltspunkte für Marktmanipulationen nach der REMIT-Verordnung (EU) Nr. 1227/2011. Zwar boten einzelne Marktteilnehmer zu Preisen oberhalb ihrer kurzfristigen Grenzkosten, doch ist dies im Energy-Only-Markt zulässig und kein Hinweis auf eine Manipulation. Gerade in Knappheitsphasen ist es für Unternehmen möglich, Deckungsbeiträge zu erwirtschaften. Ein REMIT-Verstoß setzt voraus, dass Preise gezielt auf ein künstliches Niveau gehoben werden, das nicht mehr Ergebnis unverfälschter Marktkräfte ist. Dafür fanden sich keine Hinweise; lediglich einzelne Sachverhalte werden noch vertiefend geprüft.

Zudem stellte die BNetzA klar, dass die Versorgungssicherheit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet war. Die Auslastung der steuerbaren (konventionellen) Kraftwerke lag deutlich höher, als in ersten öffentlichen Einschätzungen vermutet, auch wenn noch ca. 4 GW an Marktkapazitäten unbenutzt blieben, sodass es nicht zu einem Versorgungsengpass kam. Darüber hinaus standen jederzeit 12 bis 13 GW an Reserven und Regelenergie zur Verfügung, die die sichere Stromversorgung hätten gewährleisten können.

Nach Ansicht der Bundesnetzagentur funktionierte auch das europäische Market Coupling einwandfrei und ermöglichte umfangreiche Stromimporte aus den Nachbarländern, wodurch noch extremere Preisspitzen verhindert wurden.

Fazit:
Die Preisspitzen im Winter 2024 waren nach Einschätzung der Behörden Ausdruck einer angespannten, aber marktgetriebenen Versorgungssituation und kein Ergebnis missbräuchlichen Verhaltens. Weder nach Kartellrecht noch nach REMIT bestehen aktuell Anhaltspunkte für rechtswidrige Preisbildung. Insbesondere stellt die Bundesnetzagentur klar, dass es im in Deutschland bestehenden Energy-Only-Markt möglich und zulässig ist, auch in Zeiten von Preisspitzen oberhalb der eigenen Grenzkosten zu bieten, um die von den Unternehmen für die Finanzierung der Kraftwerke dringend benötigten Deckungsbeiträge zu erwirtschaften. Gleichwohl bleiben REMIT-Compliance, Transparenzpflichten und die Beobachtung regulatorischer Entwicklungen – insbesondere hinsichtlich neuer Kapazitätsmechanismen und Flexibilitätsanreize – von hoher Bedeutung.

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Nadia Simon

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