Der Entwurf zum Kohlendioxid-Speicherung- und -Transport-Gesetz (KSpTG)

Am 8. September 2025 beschloss das Bundeskabinett den Entwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes. Ziel ist die Förderung von CCS/U für wirtschaftliche Zwecke und die Schaffung einer belastbaren Infrastruktur.

21. Oktober 2025

Am 8. September 2025 hat das Bundeskabinett den Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes beschlossen, vgl. BT-Drucks. 21/1494. Damit steht eine Novellierung der geltenden Rechtslage zur parlamentarischen Debatte.

Carbon Capture and Storage or Utilization (CCS/U) bezeichnet das Abscheiden (capture) von CO2 nach bzw. in industriellen Prozessen. Die weitere Verwendung des CO2 kann entweder in der Speicherung (storage) oder in einer verlängerten stofflichen Nutzung (utilization) münden. Auf bzw. unter deutschem Hoheitsgebiet ist insbesondere in Norddeutschland und der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) eine Speicherung in salinen Aquiferen (tiefen salzwasserführenden Schichten) in großem Maßstab denkbar.

Die geltende Rechtslage dient dem Einsatz von CCS/U zu Forschungszwecken und ist restriktiv und veraltet. Neben mannigfaltigen rechtlichen Hürden und veralteten Verweisen, ist die Erteilung von Speicherungsgenehmigungen schon aufgrund verstrichener Fristen unmöglich.

Kern der ausstehenden Novellierung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes zum Kohlendioxid-Speicherung- und -Transport-Gesetz ist die Änderung des Gesetzeszwecks. Dieser adressiert eine Freigabe der Speicherung von CO2 für die wirtschaftliche Nutzung, und damit eine Abkehr von einem reinen Forschungsgesetz hin zu einer geregelten Nutzung der CCS/U-Technologie mit industriellem und kommerziellem Gepräge.

Die hinreichende Planungs- und Investitionssicherheit für potenzielle Anwender ist ein wesentliches Kriterium für einen zukünftigen flächendeckenden Einsatz von CCS/U. Dazu muss neben der Möglichkeit Speichergenehmigungen erwirken zu können auch ein hinreichendes Vertrauen in den langfristigen Bestand der Speichergenehmigungen geschaffen werden. Dasselbe gilt für die zu schaffende Leitungsinfrastruktur. Dies ist keine primär rechtliche Problematik, sondern maßgeblich vom politischen Willen und der gesellschaftlichen Grundhaltung zu CCS/U geprägt. Die maßgebliche Frage ist demnach, ob der aktuelle Entwurf des KSpTG eine vielversprechende rechtliche Grundlage für einen Technologiehochlauf darstellt.

Wir haben die maßgeblichen Änderungen für Sie zusammengefasst:


I. Speicherung:

  • Die Genehmigungssystematik – bestehend aus einer vorherigen staatlichen Analyse der Eignung des tiefen geologischen Untergrunds und einem zweistufigen Genehmigungsverfahren – bleibt erhalten. Vor der Planfeststellung zur Errichtung und Betrieb des Speichers erfolgt die Untersuchung des Speicherungsfeldes. Damit kann die kostenintensive vollumfängliche Planung der Errichtung und des Betriebs eines CO2-Speichers erst erfolgen, wenn durch die vorherige Untersuchung des tiefen geologischen Untergrunds eine hinreichende und damit wirtschaftlich attraktive Speicherungsmöglichkeit festgestellt wurde, vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 KSpTG. Die Untersuchungsberechtigung für das betreffende Gebiet wirkt zudem exklusiv und bietet Schutz vor das Projekt beeinträchtigenden Nutzungen. Die vorherige Informationsbeschaffung fördert im Ergebnis die Planungs- und Investitionssicherheit.
  • Der Hauptanwendungsbereich der Speicherung von CO2 soll auf den maritimen Bereich ausgelagert werden. Hintergrund ist, dass die Zuständigkeit an Land und im Küstenmeer bei den Bundesländern liegt, in der AWZ ist der Bund zuständig. Die norddeutschen Bundesländer erließen sämtlich Verbote für die Speicherung von CO2 auf dem Landesgebiet. Nun soll ein Anwendungsbereich unabhängig von den Bundesländern entstehen. Zudem können diese den Einsatz der Technologie – nicht wie bisher repressiv verbieten, sondern – gestaltend erlauben, vgl. die sog. Opt-in Klausel gemäß § 2 Abs. 5 KSpTG. Der Gesetzesentwurf ist zudem auch inhaltlich auf die besonderen Gegebenheiten in der AWZ zugeschnitten. In geologischer Hinsicht sind im maritimen Bereich die Speicherungspotenziale am größten.
  • Durch das KSpTG soll ein rascher Hochlauf der Technologie gewährleistet werden, um bereits ab 2030 CO2 in relevanten Mengen abzuscheiden und zu speichern. Im Vordergrund steht dabei die Einhaltung der verbindlichen Klimaziele. CCS/U ist ein unerlässliches Instrumentarium für die Klimaneutralität. Die Einspeisekapazität könnte mittelfristig ein „Flaschenhals" für den Hochlauf von CCS werden. Aus diesem Grund ist auch bei der Abwägung im Rahmen der Planfeststellung die Bedeutung von CCS/U für den Klimaschutz als Abwägungsdirektive zu berücksichtigen und Entscheidungen entsprechend zu gewichten.
  • Der politischen Neubewertung der Technologie folgt auch eine weitere rechtliche Priorisierung: Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Kohlendioxidspeichern sind von überragendem öffentlichem Interesse. Damit soll die wesentliche Bedeutung von CCS/U für den Energie- und Klimabereich auch in der planerischen Abwägung berücksichtigt werden. Durch diese Einstufung des öffentlichen Interesses sind Nutzungskonflikte mit anderen Projekten von überragendem öffentlichem Interesse zu erwarten. In diesem Fall hat die Entscheidung zugunsten des Ausbaus erneuerbarer Energien bzw. dem Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft zu erfolgen. Zu beachten ist, dass bei Nutzungskonflikten mit Offshore-Windenergieanlagen mit oder ohne Elektrolyseuren die Speicherung von CO2 inklusive der dazugehörenden Leitungen zurücktreten muss.


II. Leitungen:

Der Rechtsrahmen für den Transport von CO2 soll zur Schaffung einer Transportinfrastruktur grundlegend umgestaltet werden. Denn die Verbringung mittels Leitungen stellt die einzige wirtschaftliche Alternative dar. Für die Entstehung einer Leitungsinfrastruktur für Kohlendioxid fallen folgende Punkte besonders ins Gewicht:

  • Durch die Anpassung der Begriffsbestimmungen wird ein einheitliches Zulassungsregime für alle CO2-Leitungen geschaffen. CO2-Leitungen sind nicht mehr an das Ziel eines CO2-Speichers gebunden, womit auch CO2-Leitungen für die Anwendung von CCU erfasst sind. Zudem werden nunmehr auch Nebenanlagen berücksichtigt, diese sind damit Teil eines einheitlichen Genehmigungsregimes.
  • Auch die Genehmigung von CO2-Leitungen unterliegt der Planfeststellung. Das Planfeststellungsverfahren soll möglichst nah an den Regeln des EnWG ausgerichtet werden. Dadurch soll es der Verwaltung und den Vorhabenträgern ermöglicht werden auf Erfahrungen aus Verwaltungsverfahren nach dem EnWG aufzubauen. Dies dient insbesondere der Beschleunigung potenzieller Verwaltungsverfahren. Auch die Errichtung, Betrieb und wesentliche Änderungen von Kohlendioxidleitungen stehen im überragenden öffentlichen Interesse und werden dadurch ebenfalls priorisiert.
  • Der Anlehnung an die Regelungssystematik des EnWG folgend besteht auch im KSpTG die Möglichkeit des diskriminierungsfreien Drittzugangs zur Leitungsinfrastruktur.
  • Um einen sogenannten fossilen Lock-in zu verhindern, werden der Transport und die Speicherung von CO2 aus der Kohleverstromung ausgenommen. Die politische Wertentscheidung, das im Wege der Kohleverstromung entstehende CO2 aus dem CCS/U Technologiekreislauf auszuschließen, betont den Anwendungsbereich der Technologie im Einklang mit den Klimaschutzzielen bzw. dem Kohleausstieg. Da nur die Kohleverstromung ausgeschlossen ist, ermöglicht der Gesetzesentwurf im Gegenzug die Speicherung von CO2 aus der Verstromung von Gas. Damit ist eine grundsätzliche Technologieoffenheit angedacht. Der politische Wille ist es, am Kohleausstieg festzuhalten. Das gleichzeitige Einbeziehen von CCS/U für Erdgasemissionen zeigt aber, dass die Bundesregierung ebenfalls an den Zielen des Koalitionsvertrags festhält.

CCS/U ist kein Gegenspieler der anstehenden Energiewende, sondern ein weiteres Instrumentarium für eine atmosphärisch dekarbonisierte Zukunft. Es soll keine „Perpetuierung fossiler Strukturen" bewirkt, sondern die Klimaneutralität trotz unvermeidbarer Emissionen ermöglicht werden.


III. Rechtsweg
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Auch ist eine Verkürzung des Rechtswegs vorgesehen, Rechtsstreitigkeiten werden im ersten Rechtszug vor dem Oberverwaltungsgericht verhandelt. Dies soll ausdrücklich Entscheidungen beschleunigen und damit zur Rechts- und Planungssicherheit beitragen. Damit ist der kürzere Rechtsweg auch ein Zugeständnis an die Investitionssicherheit der Anwender der Technologie.

Neben diesen wichtigsten Änderungen, beinhaltet die Gesetzesnovelle darüberhinausgehend eine Vielzahl weiterer Änderungen. Insgesamt handelt es sich bei den in der Gesetzesnovelle enthaltenen Änderungen um eine Kehrtwende hin zu einem möglichen wirtschaftlichen Technologiehochlauf. Inwieweit dieser gelingen wird, ist dies aufgrund der anstehenden politischen Kompromissfindung nicht absehbar.

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Dr. Peter Rosin

Dr. Peter Rosin